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Channel: Allgäu-Orient-Rallye – Daimler-Blog
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Achtung Lebenserfahrung!

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Allgäu-Orient Rallye – Unbedingt nachmachen! Ein leerer Koffer der in Frankfurt einen Bombenalarm ausgelöst hat, worauf das Gepäckband gesperrt wurde und die Erkenntnis, dass die Alubox mit der technischen Ausrüstung nicht aufzufinden war – so ging das automobile Abenteuer unseres Lebens am 30.05.2015 zu Ende.

Begonnen hat alles im Mai 2014 mit dem Aufbau von drei S124, über die ich im ersten Teil der Geschichte berichtete (Vom Allgäu in den Orient? – Mit drei T!).

Start im Wurfzelt

Am 09.05.2015 um 08:00h war es endlich soweit. Claudia, Ivanka, Maik, Lars, Sebastian und ich verstauten die letzten Ausrüstungsgegenstände in den Fahrzeugen und machten uns auf den Weg nach Oberstaufen zum Start der Allgäu-Orient Rallye 2015. Dort angekommen wurden die Rallye-Teilnehmer von den Bewohnern mit einem großen Fest begrüßt. Nach und nach kamen Freunde und Verwandte zur Verabschiedung hinzu. Auch unser Car Guy Jens B., Geschäftsleiter Vertrieb & Marketing, ließ es sich nebst Frau nicht nehmen, uns bereits am Vortag zu besuchen. Nach einem stimmungsvollen Abend im Festzelt, begann für uns die erste Nacht im Freien in unseren Wurfzelten neben den Autos – ein erster Vorgeschmack auf das was kommen sollte.

Der eigentliche Starttag begann, so wie die folgenden Tage, mit einer kleinen Geduldsprobe. Dann war es endlich soweit! Der große emotionale Augenblick: Bei schönstem Wetter unter wehenden Fahnen und begeisternden Zurufen des Publikums, rollten wir mit unseren Rallye-Cars als 43. Team über die Startrampe.

Im Tretboot zum Roadbook

Der Alpsee war unser erstes Zwischenziel. Dort angekommen, hieß es für uns die erste Aufgabe zu erfüllen. Das Roadbook musste erarbeitet werden. Es galt ein Rätsel zu lösen, bei dem das Ergebnis entscheidet, mit welchem Hilfsmittel man die Insel im See erreicht, auf der die Roadbooks für die Teilnehmer bereitlagen. Entsprechend dem Ergebnis stand hierfür eine Tür, ein Ruderboot oder ein Tretboot zur Verfügung.

Wir hatten Glück beim Rätseln und gewannen das Tretboot, mit dem Claudia und Ivanka das Roadbook bequem für unser Team ergattern konnten. Das Roadbook bestimmte fortan unseren Zeitplan und Tagesablauf. So mussten wir beispielsweise jeden Grenzübertritt dokumentieren, bestimmte Wegpunkte anfahren, sowie verschiedene spannende Aufgabe erfüllen. Die Aufgaben hatten alle das Ziel, möglichst viel Kontakt mit der Bevölkerung der zu durchfahrenden Länder zu bekommen.

Über Südtirol in die Türkei

Der Weg in die Türkei führte zuerst durch Österreich über atemberaubende Pässe und traumhafte Landschaften in Südtirol und endete am ersten Tag in Dölsach. Das Rallyeteam „Krapfenschnaggler“ hatte dort eine Wiese als kostenlose Übernachtungsmöglichkeit angeboten. Der Empfang der örtlichen Bevölkerung war grandios und sehr freundlich. Das kostenlose Frühstück am folgenden Tag, welches der Marinelli-Wirt spendierte, war vom feinsten und vor allem das letzte echte Frühstück in den nächsten drei Wochen.

Frisch gestärkt galt es nun die erste große Transit-Etappe zur eigentlichen Rallye in der Türkei zu bewältigen. Ca. 780 Km lagen vor uns – ausschließlich auf Landstraßen und nur mit einer Straßenkarte in der Hand, durchfuhren wir weitere wunderschöne Landschaften in Österreich um über Slowenien an die ungarische Grenze zu gelangen.

Sechs im Auto, Nacht im Freibad

Stunden später – die erste verdiente Pause am Plattensee. Nach gefühlt endlosen weiteren Stunden auf den Landstraßen Ungarns, erreichten wir mitten in der Nacht unser Etappenziel, einen Campingplatz in Szeged. Dort sollten wir unser „Schicksalsteam“ kennenlernen, welches wir im Verlauf der Rallye immer wieder treffen sollten. „Sechs-im-Auto“ hatten sich die drei Pärchen aus Aachen genannt. Der folgende Sonnenaufgang war für uns auch zugleich Zeit aufzubrechen und festzustellen, dass wir eigentlich in einem stillgelegten Freibad übernachtet hatten – nicht das letzte Kuriosum.

Über die Karpaten nach Alexandria

Weitere 750 km führten uns durch die Karpaten nach Alexandria, dem nächsten Etappenziel in Rumänien. Geplant war eine Ankunftszeit gegen 20h, die wir jedoch nicht halten konnten. Die vermeintliche Abkürzung über einen Pass stellte sich als eine abenteuerliche Baustelle über 30km Länge heraus, die uns mindestens 4 Stunden Zeit kostete. Schlaglöcher – bis zu 50 cm Tiefe in übermüdetem Zustand. Dazu leichter Regen. Diese Mischung machte aus der Tour eher eine Tortur, die für uns um 2 Uhr in der Nacht zu Ende ging. Da die Zeit unser Handeln bestimmte, mussten wir dennoch 4h später das Hotelbett in Alexandria verlassen, um in der letzten Transit-Etappe über Bulgarien nach Istanbul zu kommen.

Übernachtung vor der Blauen Mosche

Gegen Nachmittag erreichten wir die türkische Grenze und gegen Abend nach insgesamt 15h Fahrt, baute sich Istanbul vor uns auf. Istanbul – die geschichtsträchtige Stadt am Bospurus beeindruckte uns mit seiner schieren Größe und dem Straßennetz, welches zu einer zweistündigen Irrfahrt führte.

Für die Teams der Allgäu-Orient-Rallye wurde eine Sondergenehmigung zur Übernachtung auf dem Platz vor der blauen Moschee erteilt, auf dem wir am Tag darauf von vielen Touristen und Einheimischen begrüßt wurden. Vor allem unsere S124 wurden mit Begeisterung bestaunt!

Über den Boporus ans Schwarze Meer

Auch hier erwarteten uns weitere Rallyeaufgaben über die wir in unserem Blog berichteten. Nach einer Ansprache des Tourismusministers, wurde der Le Mans Start zum Hafen eröffnet und wir konnten uns ohne Beschädigung der Fahrzeuge eine Platzierung im vorderen Drittel auf dem Fährverladeplatz sichern. Die Fähre brachte uns anschließend auf den asiatischen Teil mit dem Anschlussziel Riva.

Zelt auf, Meer vor Augen

Riva bot uns eine Übernachtung am Strand des Schwarzen Meeres mit fantastischer Aussicht – wo hat man das schon mal? Zelt auf und das Meer vor Augen! Leider blieb nicht allzu viel Zeit zum genießen, dafür gab es wieder umso mehr Fahr-Erfahrung. Mit recht sportlicher Fahrweise ging es nun zurück über Istanbul nach Ylgaz, einem kleinen Ort im Osten der Türkei, der uns stark an den Schwarzwald inklusive Skilifte erinnerte.

Es folgten nach teilweise endlosen Asphalt-Etappen und einigen Aufgaben aus dem Roadbook, Offroad-Pisten bis Corum und über Ankara nach Ulubey.

Gastfreundliche Ordnungshüter mit Humor

Ulubey – für uns bis dahin völlig unbekannt, beindruckte nicht nur mit dem größten Canyon der eurasischen Platte, auch die Ordnungshüter bewiesen großen Humor. Nachdem wir uns etwas verfahren hatten, erkundigten wir uns bei der Polizei nach dem Weg, die uns daraufhin kurzerhand zum Tee trinken „festsetzte“. Es stellte sich heraus, dass der Sohn des Polizeichefs großer Mercedes-Fan war.

So tauschten wir die türkischen Flaggen der Polizeiautos gegen deutsche Flaggen aus, dekorierten die unsrigen Fahrzeuge mit türkischen Flaggen und wurden anschließend in einem Konvoi, bestehend aus drei Polizeiautos in das Fahrerlager geleitet. Diese Gastfreundschaft in der Türkei, die Begeisterung für den Motorsport und insbesondere für unsere Mercedes-Benz S124 die uns immer wieder begegnet ist, werden wir nicht vergessen.

Mit Niederquerschnittsreifen durch den Canyon

Den beeindruckenden Canyon in Ulubey mit seinen Geröllpisten und Wasserdurchfahrten werden wir ebenfalls nicht vergessen. Auch deswegen nicht, da es sich kein anderes Team vorstellen konnte, dass unsere 19-Zoll Räder der BR212 mit 35er Reifenquerschnitt diese extreme Belastung überstehen würden. Die Räder haben es trotz zügiger Geschwindigkeit unbeschadet überstanden!

Dalyan im Rallyefieber

Es folgten im Anschluss die Stadt Alasehir, wieder begleitet von verschiedenen Aufgaben des Roadbooks bis nach Dalyan. Dalyan bot uns Rallye-Teams einen kleinen Eindruck davon, was die Teams bei der Rallye Monte Carlo vermutlich erleben dürfen. Am Straßenrand fahnenschwenkendes Publikum und die ganze Stadt im Rallyefieber, sowie ein Empfang türkischer Beamter unter Begleitung des Fernsehsenders CNN Turk, der immer wieder über die Rallye berichtete.

Spende für Kinderheim

Dalyan bot uns dazu eine Verschnaufpause am Strand, bevor wir weitere 780 km nach Mersin bewältigen mussten. In Mersin angekommen gab es eine Verzögerung beim Beladen der Fähre nach Haifa. Dies führte dazu, dass wir unsere Mercedes-Benz-Accessories-Belegschafts-Spendenaktion für ein Kinderheim in Adana nicht persönlich beenden konnten. Die Spende wurde durch unsere Kollegin Serap Coskun, die Ihren Urlaub zu dieser Zeit dort verbrachte, in Stellvertretung für das Team Wüstensterne übergeben.

Nach drei Stunden Schlaf auf dem Hafengelände in Mersin, konnten die Fahrzeuge am Tag darauf endlich verladen werden und wir unseren Flug von Adana nach Tel-Aviv in Israel antreten. Die weitere Strecke bis nach Haifa bewältigten wir mit Shuttle-Bussen. In Haifa angekommen, wurden wir überall von freundlichen Menschen empfangen. Besonders lohnenswert ist ebenfalls das geschichtsträchtige Palästina und dessen Menschen hinter den israelischen Schutzwällen. Beide Länder sind eine Reise wert.

Langeweile, aber nur fast

Aus Rallye-Sicht heraus war die Fahrt durch Israel bis dahin verhältnismäßig ruhig und unspektakulär. Die Autos liefen problemlos und ohne Auffälligkeiten. Aus Mechaniker-Sicht wäre es ja fast langweilig geworden. Aber nur fast. Sebastian und ich erhielten einen Funkspruch von Claudia und Ivanka: Das Kupplungspedal des 300er kam nicht mehr heraus und die Temperaturanzeige zeigte einen Wert von über 120°C. Mitten in der Rushhour, dazu kaum eine Haltemöglichkeit, da wir uns ausgerechnet hier in einem Baustellenabschnitt kurz vor Jerusalem befanden. Vermutlich war es Glück, dass das Kupplungspedal sich wieder löste und wir eine Tankstelle ansteuern konnten um den guten alten 300er abkühlen zu lassen.

Defekte Viscokupplung

Diagnose: Viscokupplung des Lüfterrades defekt. Nach kurzer Beratschlagung entschlossen wir uns die Fahrt durch Jerusalem fortzusetzen und bei Gelegenheit die Reparatur auszuführen. Kurz vor der jordanischen Grenze machte uns der 300er erneut Sorgen. An einem Checkpoint stellte Claudia Benzingeruch fest, der sich in einer undichten Kraftstoffleitung begründete. Die Kraftstoffleitung konnte ich an der jordanischen Grenze provisorisch instandsetzen, sodass wir das Wüstencamp in Jordanien erreichen konnten. Spätestens jetzt galt es den 300er für die Wüste zu reparieren, Außentemperaturen über 45°C verlangen schließlich nach einer funktionierenden Motorkühlung!

Wissen vorhanden, Werkzeug nicht

Das Wissen wie man eine solche Behelfsreparatur ausführt war vorhanden, das erforderliche Werkzeug dafür jedoch nicht. Es war bereits spät in der Nacht, ca. gegen 23h als die Hilfe ins Camp rollte: Tobias Ostertag aus dem Mercedes Technology Center in Sindelfingen der mit dem Team „Sternensammler“ ebenfalls an der Rallye teilnahm. Er konnte mit einer Bohrmaschine aushelfen, sodass ich mit Unterstützung von Sebastian die Viscokupplung durch das Durchbohren und anschließende Fixieren mit einer Schraube reparieren konnte. Die Kraftstoffleitung konnte ebenfalls mit Spezialklebeband dauerhaft instandgesetzt werden. Gegen 3h morgens war die Operation endlich abgeschlossen, sodass wir nach drei Stunden Schlaf die Wüstenrallye antreten konnten, bei der die Temperaturanzeige des 300er konstant bei 80°C verharrte.

Mit dem Kronprinz durch die Wüste

Es folgte eine sportliche Fahrt durch die Wüste in der Nähe von Amman, die vom Kronprinz Jordaniens begleitet wurde. Das letzte Etappenziel am Toten Meer im Blick, führte uns die Rallye direkt an das Ressort, welches für uns auch gleichzeitig das Ende der Rallye bedeutete.

Kaltes Bier am Toten Meer

Der erste Luxus den wir uns gönnten war ein kaltes Bier – nach den Wüstenetappen ein unvergleichliches Erlebnis. Unvergleichlich auch das Bad im Toten Meer und die Erkenntnis es geschafft zu haben! Hinter uns liegen exakt 6715 Km, 11 Länder, Übernachtungen neben dem Auto auf unterschiedlichsten Plätzen, unzählige Erfahrungen während der Fahrt und am Rand der Strecke, sowie einige neue Bekanntschaften.

Das Ziel hieß für uns jedoch auch Abschied von unseren treuen Rallye-Cars, die wir mit viel Aufwand in der Freizeit innerhalb von 10 Monaten aufgebaut hatten. Wir sind sicher, dass wir mit den Fahrzeugen durch die Übergabe an die jordanische Wohltätigkeitsorganisation einen Beitrag zur Verbesserung eines sozialen Hilfsprojekts leisten konnten.

Zwei Tage hatten wir Zeit uns im Ressort am Toten Meer zu erholen, bis wir uns im Flugzeug mit dem vierten Platz im Gepäck zurück nach Deutschland befanden. Ich hatte einen Fensterplatz auf der rechten Seite und konnte beim Ausparken des Flugzeuges meine Alubox mit der technischen Ausrüstung sehen – wie sich diese auf einem Kofferkuli vom Flugzeug entfernte. Damit endete vier Stunden später unsere automobile Lebenserfahrung in Frankfurt am Main.

Mercedes-Benz: jeder Herausforderung gewachsen

Es bleiben unvergessliche Eindrücke von Menschen und Plätzen, die wir anderweitig nie kennengelernt hätten, sowie die Bestätigung, dass unsere Produkte jeder Herausforderung gewachsen sind.

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, die dieses Erlebnis zur einer wertvollen Lebenserfahrung gemacht haben! Euer Peter Wilde und das Team 43 Wüstensterne

PS: Die Alubox wurde einen Tag später per Kurier daheim abgeliefert.

Weitere Infos zu uns, unserem Sponsor, den Aufgaben aus dem Roadbook und der Rallye im Allgemeinen gibt es auf unserer Website, Facebookseite und der Website der Rallye.

Der Beitrag Achtung Lebenserfahrung! erschien zuerst auf Daimler-Blog.


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